Wer bietet weniger? Merz will Obergrenze von 100.000 Flüchtlingen pro Jahr – Söder: 200.000 – Kretschmer: 60.000

Angesichts weiterhin hoher Asylzahlen bringen Unionspolitiker erneut die Forderung nach einer Obergrenze für Flüchtlinge ins Spiel. CDU-Chef Merz nennt 100.000 als maximal pro Jahr bewältigbare Zahl. Sachsens Ministerpräsident Kretschmer hatte jüngst 60.000 genannt.
Söder (r) oder Merz? Die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur der Union soll erst nach den Wahlen in Ostdeutschland im September fallen.
Söder (r) oder Merz? Die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur der Union soll erst nach den Wahlen in Ostdeutschland im September fallen.Foto: Michael Kappeler/dpa
Von 16. März 2024

Die anhaltend hohe Zahl an Asylbewerbern in Deutschland hat der Debatte in der Union um eine mögliche Obergrenze für Flüchtlinge Auftrieb verliehen. In einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS) hat CDU-Chef Friedrich Merz erklärt, Deutschland könne nicht mehr als 100.000 Asylbewerber pro Jahr aufnehmen. Mehr als 300.000 Flüchtlinge, wie sie im Vorjahr Anträge im Land gestellt hatten, seien „auf jeden Fall zu viel“.

Unionspolitiker nennen unterschiedliche Zahlen bezüglich Obergrenze für Flüchtlinge

Bereits zuvor hatte sein Parteikollege, der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer, die Zahl von „50.000 oder 60.000 Flüchtlingen pro Jahr“ zumindest bis 2030 ins Spiel gebracht. Im Vorfeld der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) Anfang März in Berlin hatte er erklärt:

„Mehr können das erst mal für die nächsten Jahre nicht sein, weil wir so eine große Integrationsanstrengung haben.“

Schon im Spätsommer des Vorjahres hatte CSU-Chef Markus Söder im bayerischen Landtagswahlkampf eine Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen pro Jahr in Deutschland gefordert. Kurz zuvor hatte die Zahl der Asylbewerber von 2023 diese Marke überschritten.

Demgegenüber hatte sich im Oktober des Vorjahres NRW-Innenminister Herbert Reul bezüglich solcher Zahlenspiele skeptisch gezeigt. Er plädierte stattdessen für eine bessere Verteilung der mit der Asylzuwanderung verbundenen Aufwendungen innerhalb der EU. Außerdem solle es mehr Flüchtlingsdeals mit Nachbarländern nach dem Vorbild des Pakts mit der Türkei von 2016 geben.

BAMF arbeitet an der Grenze seiner Kapazitäten

Jüngst hatte das Statistische Bundesamt von bereits 50.799 Asylsuchenden berichtet, die bis Ende Februar in Deutschland einen Erst- oder Folgeantrag gestellt hatten. Die Zahl liegt unwesentlich unter jener des Vorjahreszeitraums und deutlich unterhalb jener der Rekordjahre 2015 und 2016. Allerdings stellt die Anzahl eine deutliche Steigerung gegenüber 2022 dar – wo zu diesem Zeitpunkt des Jahres allerdings noch einige Corona-Restriktionen in Kraft waren.

Wie die „Tagesschau“ bereits im Vorjahr mitgeteilt hatte, waren interne Prognosen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) schon 2023 von mehr als 400.000 möglichen Asylanträgen ausgegangen. Am Ende waren es 329.120 Erst- und 22.795 Folgeanträge. Die meisten Asylbewerber kamen aus Syrien, Afghanistan oder der Türkei. Im Jahr 2016 waren es im Vergleich fast 750.000 Anträge, die das BAMF zu bearbeiten hatte.

Im BAMF war bereits im Vorjahr von einem Bearbeitungsstau die Rede, der angesichts der Asylzahlen unter den vorhandenen Mitarbeitern entstanden sei. Umschichtungen und der Einsatz von Leiharbeitern hätten für eine gewisse Entlastung gesorgt. Die Situation sei jedoch nach wie vor fordernd.

Ein eigenes „Ruanda“ für die Betreuung von Flüchtlingen? Merz will danach suchen

Merz hat auch eine mögliche Drittstaatenlösung ins Spiel gebracht, die sich am Vorbild Großbritanniens orientieren soll. Die Regierung in London hatte mit dem ostafrikanischen Staat ein Abkommen geschlossen, das es den Briten ermöglichen soll, Asylverfahren für Personen, die auf der Insel Schutz gesucht hatten, dort durchführen zu lassen.

Der CDU-Politiker erklärte, sollte er Bundeskanzler werden, würde er „durch die Welt reisen“, um nach einem geeigneten Land für eine solche Lösung Ausschau zu halten. Das britische Vorhaben einer Auslagerung von Asylverfahren nach Ruanda sei „im Prinzip eine gute Idee“, so Merz.

Es sei aber abzuklären, inwieweit dort durchgeführte Verfahren „im Einklang mit unseren menschenrechtlichen Verpflichtungen gestaltet“ werden könnten. Großbritannien ist derzeit bemüht, Asylsuchende mit Geldleistungen zu einer Verlagerung des Lebensmittelpunktes nach Ruanda zu bewegen.

Der Oberste Gerichtshof des Landes hatte jüngst das bestehende Konzept von Premierminister Rishi Sunak für rechtswidrig erklärt. Daraufhin hatte auch das Oberhaus den Plan zurückgewiesen. Es bestehen in beiden Fällen Zweifel, ob es sich bei Ruanda tatsächlich um ein sicheres Drittland handele.

Klingbeil: „Union macht leere Versprechen – Ampel hat wirksame Maßnahmen getroffen“

SPD-Chef Lars Klingbeil wies den Vorstoß von Merz zurück. Er warf der Union vor, sich regelmäßig durch Debatten dieser Art in die Schlagzeilen bringen zu wollen. Tatsächlich könne jedoch keiner ihrer Politiker „erklären, wie man eine solche Obergrenze erreichen will“.

Entscheidend sei nicht, wie viele Asylsuchende nach Deutschland kämen. Es gehe vielmehr darum, bei wie vielen Berechtigten die Integration gestärkt und wie viele Nichtberechtigte das Land wieder verlassen müssten. Die Ampelregierung habe in beiden Bereichen wirksame Maßnahmen unternommen.

Sachsens Ministerpräsident Kretschmer und sein bayerischer Amtskollege Söder hatten dies im Anschluss an die MPK in Abrede gestellt. In einem gemeinsamen Dokument warfen sie dem Kabinett in Berlin vor, die gemeinsamen Beschlüsse zur Migrationswende vom November in unzureichender Weise umzusetzen.

Unter anderem habe die Ampel „im letzten Moment“ einen Passus ergänzt, der eine verpflichtende anwaltliche Vertretung im Rückführungsverfahren vorschreibe. Söder und Kretschmer halten dies für unangebracht, da es um die Abschiebung von Personen mit rechtskräftig abgelehntem Asylgesuch gehe.



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